Ausgestoßen von der
grausamen, kapitalistischen Welt des Establishments fristet eine Horde
Jugendlicher (von der Gesellschaft „Hippies“ genannt) ein
kümmerliches aber glückliches Dasein zwischen Wohnblocks, Straßenzügen
und Hinterhöfen - modernen Slums. Sie lebt ohne die Last der bürgerlichen
Verpflichtungen. Ihr Gesetz ist das freie Entfalten der Gefühle und
die noch freiere Liebe, die mit einer Art heiligen Rituals, mit Ausdauer
und Hingebung praktiziert wird. Ihre Devise heißt: Frieden und Toleranz,
leben, lieben und leben lassen.
Die lose Folge der Szenen wird lediglich durch die Hauptpersonen Claude
und Berger, dem tatkräftigen Kopf der Hippiehorde, zusammengehalten.
Eine abgeschlossene Handlung im herkömmlichen Sinne gibt es nicht.
Eine Art roter Faden bildet die Einberufung Claudes zum Militär und
seine durch die Hippiehorde unterstützten Versuche, dieser Einberufung
doch noch im letzten Augenblick zu entgehen. Das gelingt ihm nicht. Er
muss Haare lassen (das Symbol für Macht und Protest gegen die aalglatte,
geleckte Zivilisation), damit ihm der Stahlhelm passt. Mit den Haaren
verliert er zugleich seine individuelle Freiheit. Er wird "angepasst".
Für die Hippies wird er dadurch zugleich unerreichbar...
Warum ausgerechnet ein Revival von HAIR?
HAIR galt für
alle KGS-Musical-Gruppenvon je her als das Kultstück schlechthin.
1983/``84 gab es die erste HAIR-Inszenierung, die damals noch bezogen war auf das Orwell-Jahr 1984 und viele politische Anspielungen darauf enthielt. U.a. wurde nach dem Gelsenkirchener Vorbild vom ``Musiktheater im Revier`die künstliche Figur des `Big Brother`als allsehender Kommentator in die Inszenierung mit eingebracht. Legendär wurde die Aufführung in der Bremer Glocke, wo die Gruppe zugungsten des Schauspielers Karl-Heinz Böhm und seines Projektes ``Menschen für Menschen" vor über 900 Zuschauern gut 3.000 DM einspielen konnte. Zahlreiche Gastspiele in Frankreich, NRW, Niedersachsen und Bremen machte die Gruppe auf einen Schlag überregional bekannt.
1989 fand sich eine neue Musical-Gruppe zusammen, die eine vollkommen neue, stark auf die Friedensbotschaft reduzierte HAIR-Inszenierung auf die Bühne brachte und damit eine (erste) Tournee durch Marokko startete mit zahlreichen Open-Air-Aufführungen, in Azzemour sogar vor rund 18.000 Zuschauern. Auch diese Gruppe tourte mit dem Musical durch Niedersachsen, Schleswig Holstein, NRW, spielte im Bremer Schlachthof und gastierte 1990 sogar in der Noch-DDR (in Annaberg Buchholz und in Luckenwalde).
2012 schließlich brachte die damals aktuelle KGS-Musicalgruppe eine dritte, völlig neue Inszenierung des Rockmusicals HAIR heraus, die sehr viel Beachtung fand, zumal Songs aus der amerikanischen Urfassung aufgenommen wurden, die zuvor keine Beachtung gefunden hatten. Insgesamt wurde HAIR von den KGS-Musical-Gruppen über 70 mal aufgeführt, 2012 allein 11 mal. Das ist der eine Grund für das HAIR-Revival. Der andere, nicht weniger wichtige Grund indes ist die Friedensbotschaft dieses legendären Anti-Kriegs-Musicals, eine Botschaft, die -leider - nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat. Es wurde 1967 in New York uraufgeführt als Hippie-Friedensbotschaft vor dem Hintergrund des Vietnam-Krieges. Die deutsche Uraufführung folgte 1968 in München. 1969, also vor 50 Jahren, fand WOODSTOCK statt, wo die Hippie-Friedensbewegung in gewisser Weise musikalisch ihre Fortsetzung fand. Seitdem hielt der Siegeszug dieses Rock-Musicals über fast alle Theaterbühnen der Welt an. Dank der Forman-Verfilmung von 1979 mit überarbeiteten, modernisierten Orchesterarrangements fand nun auch eine ganz neue Generation Zugang zu HAIR. Gleichzeitig rückte die Länder übergreifende Friedensbewegung mehr und mehr in den Fokus der Öffentlichkeit, und so blieb letztlich die Anti-Kriegsbotschaft des Musicals HAIR aktuell. Betrachtet man die vielen unsäglichen Kriegsschauplätze in der Welt und das Leid, das sie vor allem auch unter der zivilen Bevölkerung verursachen, so ist es um so erfreulicher, dass junge Menschen diese Botschaft erneut auf die Bühne bringen wollten. |